Komponist Karl Ludwig Gustav Freiherr von Feilitzsch (1901 – 1981)
Karl (bis ca. 1955 Carl) Ludwig Gustav Freiherr von Feilitzsch (2.4.1901 – 7.8.1981) war als Komponist bereits in frühen Jahren sehr erfolgreich (Uraufführungen der ersten Opern 1928 u. 1929). 1935 verlor er seine Anstellung an der Münchner Akademie für Tonkunst aufgrund seiner „politischen Unzuverlässigkeit“. 1938 Inhaftierung wegen Verweigerung des Hitlergrußes. Im November 1939 Inhaftierung seiner 26-jährigen zukünftigen Frau. Daraufhin Eintritt in die NSDAP 2.2.1940. Seine, meist politischen, Hauptwerke schrieb er während der letzten Kriegsjahre und den frühen Nachkriegsjahren. Als freischaffender Künstler spielte er beim Aufbau einer neuen Kultur für Deutschland eine aktive Rolle und arbeitete erfolgreich mit vielen Film- und Bühnen Regisseuren. Bert Brecht engagierte ihn 1950, nach dem Tod von Kurt Weill, als musikalischen Leiter der legendären Inszenierung der Mutter Courage mit Therese Ghiese in den Kammerspielen, München. Für seine Musik zu dem Zeichentrickfilm „Der Münchner im Himmel“ (Thoma/Gondrell/Reiner) verwendete er bereits 1962 elektronische Musik mit Hilfe des Trautonium. Ab 1963 engagierte er sich als einer der ersten Umweltschützer in Deutschland und verlor dadurch alle staatlichen und privatwirtschaftlichen Aufträge bis zu seinem Tod.
Lebenslauf Karl Feilitzsch
2. April 1901 | Geboren in München |
1918 - 1921 | Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München; gleichzeitig Studium der musikalischen Theorie bei Adam und August Reuss an der Akademie der Tonkunst (heute Musikhochschule) in München. |
1925 | Referendar Examen an der Universität München und Entschluss Musiker zu werden. |
1927 - 1929 | Kompositionsschüler bei Hermann Wolfgang Frhr. v. Waltershausen (+1954), Leiter der Akademie der Tonkunst. |
1928 | Uraufführung der Oper „Die Rote Fackel“ im Stadt Theater Nürnberg. |
1929 | Uraufführung seiner 4. Oper „Konrad und Marie“ in den Stadt Theatern Plauen und Ulm (unter seinem engen Freund Otto Schulmann, dem jüdischen Bankierssohn der 1933 durch H.v. Karajan- Parteimitglied seit 1933 - ersetzt wurde). |
1930 - 1931 | Studium und Abschlussprüfung an der Akademie der Tonkunst in München. |
16.9.1931 – 6.7.1935 | Meisterklasse für dramatische Komposition bei Waltershausen. |
1932-1935 | Praktikant am operndramaturgischen Seminar, erst unter Waltershausen |
nach 1933 | bei Hans Pfitzner. |
1934 | Der bisherige Präsident der Akademie f. Tonkunst, Siegmund v. Hausegger (kein Parteimitglied), wird ersetzt durch Richard Trunk (Parteimitglied seit 1931). |
1935 | wird sein musikalischer Werdegang zum ersten Mal unterbrochen. Verbot seiner Vorträge an der Akademie auf Grund von „Zweifeln an der weltanschaulichen Zuverlässigkeit“ des jungen Komponisten. Bisher unbekannter Eintrag im Personalbogen: 1935 – Mitglied im NS Studentenbund. |
1938 | 8-tägige Gefängnisstrafe wegen Verweigerung des Hitlergrußes (s. 16.1.1947 - Schiedsspruch der I. Spruchkammer München im Entnazifizierungsprogramm, S. 2, beglaubigte Abschrift i.d. Personalakte der Hochschule für Musik, München ). |
1. November 1939 | Eintritt in die Widerstandsgruppe um Eugen Polzin der 1942 durch Folter der Gestapo stirbt (s. Widerstand in Berlin gegen das NS Regime 1933-1945 – Ein biographisches Lexikon, 12 Bd. 2002-2006). Die kleine Gruppe wirkt in Berlin und München, zusammen mit Franz Graf v. Otting (s. Eidesstattliche Erklärung 6.9.1945,Personalakte Feilitzsch, Archiv Hochschule f. Musik, München). Es gab noch ein viertes Mitglied, entweder Fritz Molden (Verleger in München) oder Richy Raffay (aus der österr. Widerstandsbewegung „05“). Die Identität des 4. Mitglieds ist bisher unerforscht. |
21. November 1939 | Verhaftung der schwangeren „noch nicht“ Verlobten Gerda Freiin v. Feilitzsch durch die Gestapo. |
1. Februar 1940 | Eintritt in die NSDAP ein, da seine Gefangennahme durch die Gestapo drohte (mündl. Aussage Balbina Gräfin v. Otting, s. private Aufzeichnung von 2 Gesprächen am 26. u. 27.1.2018). |
10. Februar 1940 | Einstellung d. Verfahrens gegen Gerda Feilitzsch und Freilassung (s. St.Archiv-M „Polizeidirektion München 8595“ und „Staatsanwaltschaften 5529“). |
18. Januar 1941 | Heirat seiner entfernten Cousine Gerda Freiin von Feilitzsch. |
14.10.1940 – 26.3.1943 | Russlandfeldzug |
1943 | Übertritt zum Römisch Katholischen Glauben, ein großer Schritt als Mitglied einer der ersten 7 reformierten Familien in Deutschland. |
Nach der Rückkehr aus Russland | Entstehung der Hauptwerke: Apokalypse Kantate nach Texten aus der den Offenbarungen des Johannes Evangeliums; Die Opern Lechbrucker Elegie, Metamorphosen der Liebe, Waldemar Dae, Der Müller und sein Kind. |
Ab 1945 | Mitarbeit im Kabarett Schaubühne, u.a. mit Erich Kästner: „Die Hinterbliebenen“ und „Hurra wir sterben“ (s. SZ vom 16.9.1948 "Schaubude im neuen Glanz"). |
16. Januar 1947 | Schiedsspruch der I. Spruchkammer München im Entnazifizierungsprogramm: „Unter diesen geschilderten Umständen kann aber auch von einer nur nominellen Parteizugehörigkeit nicht gesprochen werden und die Kammer erkennt deshalb auf nicht belastet“. Befreiung von allen Verfahrenskosten ( s. beglaubigte Abschrift in der Personalakte der Hochschule für Musik, München ). |
September 1949 | Radioübertragung der Apokalypse im Bayerischen Rundfunk (s. Münchner Merkur vom 9.9.1949, Radiowelt vom 25.9.49). |
22. Oktober 1951 | Uraufführung, sowie 5 weitere Aufführungen, der Bühnenfassung der Apokalypse als erste Vorstellung in der sog. Uraufführungsbühne im Brunnenhof der noch in Ruinen liegenden Residenz in München. ( Mitteilungsblatt der Münchner Uraufführungsbühne e.V. Nr.1/1951 vom 12.11.1951, sowie zahlreiche Kritiken ). |
1949-1967 | Es finden 32 Aufführungen seiner Opern und Ballette statt. Zusammen mit Oskar Sala experimentiert er mit der ersten elektronischen Musik. Der Vorgänger des Synthesizers, das Mixtur-Trautonium. Vertonungen politischer Lieder von B. Brecht („Die Judenhure Marie Sanders“) und E. Kästner („Wiegenlied männlicherseits“). |
1950 | Bert Brecht und H. Schweikart übergeben nach dem Tod von Kurt Weill, Karl Feilitzsch die Musikalische Leitung der Brechtinszenierung von „Mutter Courage“ in den Kammerspielen (s. SZ vom 3.2.1998, „ Zum 100. Geburtstag von Bert Brecht: Erinnerungen an B.B. in München (Deutsche Grammophon Gesellschaft Polydor GmbH, Best Nr. 34064 "Therese Giehse singt aus Mutter Courage" musikal. Leitung Karl von Feilitzsch). Zusammenarbeit mit dem Burgtheater Wien (Viktoria) mit Tournee in Deutschland und Schweiz. Hörspiele mit Erich Kästner, Alverdes und Cube. |
1954 | Aufführung von Nestroy’s „Die Träume von Schale und Kern“ während der Salzburger Festspiele (s. Salzburger Festspiele 1952 "Die Träume von Schale und Kern" Johann Nestroy, Musik Karl von Feilitzsch,Almanach-Salzburg Festspiele 1952). |
1952 | Entstehung des Filmversion der „Apokalypse“ (3. Preis bei der Film Biennale in Venedig, 1958). |
1954 | Das Typenpsychologische Buch „K2M oder die Hypothese von der Nebelsäule“, eine Systematik der Charakterkunde, erscheint im Recht Verlag München. |
Zahlreiche Theatermusiken am Residenztheater und Den Kammerspielen in München mit Axel v. Ambesser, Kultur und Kurzfilme u.a. mit Paul Alverdes und Felix Eberhard von Cube. | |
1961 | „Das Glaswerk“, sog. Industriefilm für die Jena Glaswerke der Schott AG, Mainz: Regie Hans Christian Schott, Kamera Florian Campoiche, Ton Walter Kiaulen (s. Deutsche Zeitung mit Wirtschaftszeitung,“ Mensch Glas und Maschine- Neue Industriefilme in Frankfurt“, Stuttgart, 22.6.1961). |
1962 | Der Münchner im Himmel“, Zeichentrick Film von Traudl u. Walter Reiner; Texte: Adolf Gondrell; Musik (elektronische Komposition mit Trautonium) von Karl v. Feilitzsch. |
Mai 1964 | Schwabinger Kunstpreis (s. 16-/18.5.1964 – „Die fünf sehr geehrten Schwabinger“, Münchner Merkur, S.10; SZ vom 16.5.64 "Schwabinger Kunstpreise 1964"; Zur Verleihung des Schwabinger Kunstpreises: SZ, 11.9.64 "Die Träger des Schwabinger Kunstpreises 1964"; SZ vom 14.9.64 "Die Kunstpreistäger im Künstlerhaus"). |
1964 | Früheste Nachweise eine der frühesten Bürgerinitiativen für Umweltschutz „Die Grüne Aktion“ mit MdB Dr. Gleißner (CSU). Feilitzsch schreibt politische Essays und Aphorismen (Manuskript eines zeitkritischen, politik-philosophischen Buches „Umweltschädigung-Nostalgie und die Zerstörung der Liturgie“. |
9. November 1979 | WDR Politmagazin Monitor: Als Folge seines politischen Aktivismus gegen Luftverschmutzung und Bildung von Ballungszentren wird er in dieser TV Sendung als rechtsradikal eingestuft. Es unterbleiben fortan bis zu seinem Tod alle öffentlichen Aufträge. |
Ab 1970 | unterrichtet er privat Kompositionslehre und Orchesterleitung, Enoch zu Guttenberg wird sein bedeutendster Schüler. |
In den letzten Lebensjahren findet eine Zusammenarbeit mit der Chorgemeinschaft Neubeuern statt. | |
7. August 1981 | Karl Frhr von Feilitzsch in München stirbt nach langem Krebsleiden (s. 10.8.1981 – Nachruf, Süddeutsche Zeitung "Komponist und Kämpfer", München; 11.8.1981; – Nachruf, Münchner Merkur, S.9; Karl Uhde: "zum Tode Karl von Feilitzschs", Münchner Stadtanzeiger Nr.61 vom 13.8.1981). |